Gesundheits- oder Krankenhaus?

Meine Schwiegermutter liegt seit vier Tagen im Krankenhaus, wegen einer Thrombose.  Aus therapeutischen Gründen soll sie soviel wie möglich gehen, also in Bewegung sein. Das hat mit liegen nicht viel zu tun. Trotzdem hat sich der Begriff Liegen für sich im Krankenhaus befinden eingebürgert. Warum wohl?     

Ihre weitere Therapie besteht aus Blut verdünnenden Medikamenten, der Thrombus soll sich schließlich auflösen. Und jeden Morgen vor dem Aufstehen wird ihr ein Kompressionsverband am von der Thrombose betroffenen Bein neu angelegt. Dieser bleibt bis zum nächsten Morgen oben.

Da sie an einem nicht behandlungspflichtigen Diabetes leidet, wird neben dem Blutdruck auch der Blutzucker täglich kontrolliert. Das hat aber mit der Thrombose nichts zutun. 

Um die Ursache der Thrombose herauszufinden, werden täglich verschiedenste diagnostische Maßnahmen durchgeführt. Nicht so allerdings am Wochenende. Da gibt es nur die angeführte Therapie: Bewegung, Kompressionsverband, Blutzucker- und Blutdruck-Kontrollen.

Meine Schwiegermutter trägt Krankenhaus-Kleidung, also ein Nachthemd und einen Schlafrock. Damit ganz klar ist, dass sie eine Patientin ist.

Klar, meine Schwiegermutter braucht Diagnose und Therapie. Diese passiert in ihrem Fall wochentags zwischen ca. 7:00 Uhr und 16:00 Uhr. In diesem Zeitraum könnte sie die Dienstleistung des Gesundheitssystems als Kundin in Anspruch nehmen. 

Danach und davor könnte sie auch zuhause sein. Sie hätte ihr gewohntes Bett, ihren Ehemann neben sich. Wenn sie vom Herumgehen, das sie zuhause in ihrem schönen Garten tun kann, müde ist, dann könnte sie sich in einem ihrer bequemen und funktionellen Sitzmöbel ausruhen. Sie würde die Kleidung tragen, die ihr angenehm ist, nämlich nachts ein Nachthemd und tagsüber eben Tageskleidung. 

An den Wochentagen bräuchte sie einen Taxidienst für die Fahrt vom und zum Krankenhaus. Am Wochenende wäre ein mobiler Pflegedienst für den Kompressionsverband nötig. Ansonsten könnte sie die Zeit daheim genießen.

Das hätte alles eine äußerst gesundheitsfördernde Wirkung. Der Fachausdruck dafür heißt Salutogenese. Im Gegensatz zur Pathogenese.  

Meine Ansicht ist, dass Pflegende auf Grund ihres Auftrages und ihrer Ausbildung solche Zusammenhänge aufzeigen und zu deren Veränderung beitragen sollten.

Aber, wo sind diese mit Hausverstand, Fachkenntnis und Eigenverantwortung ausgezeichneten Fachpersonen?

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Die Tücken eines Krankenbettes

Wir besuchen meine Schwiegermutter im Krankenhaus. Das Möbelstück, in dem sie viel Zeit verbringt, und in dem wir sie bei unserem Besuch gerade antreffen, ist ein sogenanntes  Pflege- bzw. Krankenbett. Die Rückenlehne ist aufgerichtet. Damit soll eine Sitzposition im Bett ermöglicht werden. Allerdings sind Matratzen in einem Krankenbett aus hygienischen Gründen mit einer Plastikauflage versehen. Das Spannleintuch rutscht auf dieser Matratze, und ebenso rutscht meine Schwiegermutter. Vor ihrer Nase baumelt das Trapez, ein triangelförmiges Ding, das helfen soll, sich im Bett hoch zu ziehen, wenn man runter gerutscht ist. Das Runterrutschen vermeiden soll außerdem die Möglichkeit, den Fußteil hoch zu stellen. Ergebnis: Meine Schwiegermutter rutscht mit ihrem Becken in eine Mulde, in der sie so richtig eingeklemmt ist, und aus der zu entkommen auch das Trapez keine Hilfe mehr bietet. Entsprechend eingeklemmt ist die Atmung. Von Bequemlichkeit kann in diesem eigentlich Bequemlichkeit versprechenden Möbelstück keine Rede sein.

Ein Bett ist normalerweise zum Schlafen und Ausruhen in der Horizontale da. Natürlich kann auch ein Krankenbett genau dafür benutzt werden. Dazu bräuchte es aber nicht diese vielen Funktionen, die letztlich eine krankmachende, vitale körperliche Prozesse (Atmung, Verdauung, Körperspannung regulieren etc.) behindernde Wirkung haben.

Meine Ansicht ist, dass Pflegende auf Grund ihres Auftrages und ihrer Ausbildung solche Zusammenhänge aufzeigen und zu deren Veränderung beitragen sollten.

Aber, wo sind diese mit Hausverstand, Fachkenntnis und Eigenverantwortung ausgezeichneten Fachpersonen?

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„Die sollen doch erst mal Deutsch lernen“

Diese Aussage ist in unterschiedlicher Formulierung in Bezug auf Personen mit Migrationshintergrund häufig zu hören. 

Wer das sagt, geht davon aus, dass die meisten MigrantInnen nicht oder nur schlecht deutsch sprechen. Höre ich eine solche Aussage, so frage ich immer nach, ob die Annahme des Nicht-Deutsch-Könnens einer eigenen persönlichen Erfahrung entspringt, was meistens verneint wird.

Was alles steckt hinter der in jeder Hinsicht legitimen Forderung, MigrantInnen mögen die Landessprache beherrschen? Hoffentlich die mitfühlende Sorge um das Wohl von zugezogenen Mitmenschen.    

Wie funktioniert eigentlich Spracherwerb?

Da jeder Mensch seine eigene Muttersprache in einer vor-bewussten Zeit erlernt hat, fehlt häufig das Verständnis für die Tücken des Spracherwerbs im Erwachsenenalter. 

Fest steht: Sprache kann nur in einem dialogischen Prozess, dessen Verlauf von individuellen persönlichen Voraussetzungen und dem entsprechenden Angebot abhängig ist, erlernt werden. Der Lernprozess ist im Grunde genommen ein lebenslanger. Das Erlernen der Sprache findet auch nur zum geringeren Teil im Kursraum statt. Eine Sprache, die nicht im Dialog erprobt wird, ist und bleibt tot.

Weiters findet Dialog/Interaktion/Verständigung auch außerhalb der gesprochenen Sprache statt. Ist der Prozess der Verständigung, des sich verständlich Machens, des verstanden Werdens und des eigenen Verstehens mit dem Erlebnis von Wertschätzung und positiver Zuwendung verbunden, so fördert das nicht nur den aktuell stattfindenden Dialog, sondern die Freude an der Sprache und den Austausch über die Sprache und damit das Erlernen der Sprache.

Diese Wertschätzung erleben aber Deutsch lernende MigrantInnen sehr häufig nicht.

In Zukunft wird meine weitere Frage an die Personen, die mangelnde sprachliche Kompetenz bei den Zugewanderten feststellen, die nach ihrem eigenen Beitrag zu einem Klima der Wertschätzung und des interkulturellen Dialogs sowohl im gesellschaftspolitischen Kontext als auch in der persönlichen Begegnung sein.

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Mit WAMA Tour unterwegs im Baltikum

Mein Mann und ich machten im Juli 09 eine 10tägige Radreise durch die drei baltischen Staaten. Organisiert wurde diese Reise vom dem polnischen Reiseunternehmen WAMA Tour. 

Ich werde jetzt nicht beschreiben, wie schön die Reise war, wie gut alles organisiert war. Interessant und beispielgebend war für mich die Entstehung von WAMA Tour, wie sie mir der Chef des Unternehmens, der unsere Gruppe begleitete, erzählte.

Seine Frau und er waren beide in der Tourismus-Branche tätig. Als vor 11 Jahren ein neuer Besitzer den Betrieb, in dem sie gearbeitet hatten, übernahm, wurde das gesamte Personal entlassen und durch neues ersetzt.

Sie wollten sich nicht mit einem Langzeitarbeitslosen-Schicksal abfinden und gründeten WAMA Tour. Ihr Angebot richtet sich an Aktiv-Urlauber, die Rad fahren oder Kanu fahren möchten.

Als Name für ihr Unternehmen verwendeten sie die Anfangsbuchstaben der Namen ihrer beiden Söhne, die damals kleine Buben waren und heute stolz auf die Leistung ihrer Eltern sind.

Dieser Aspekt berührt mich als Mutter von zwei Söhnen besonders. Es prägt das Leben der Kinder, wenn sie ihre Eltern als aktiv und fähig, ihre Lebensumstände eigenverantwortlich zu gestalten, erleben. Gleichzeitig hat der Gedanke an die Kinder den Eltern Kraft gegeben, die schwierige Aufbauphase durchzuhalten.     

Heute sind sie Arbeitgeber für 10 weitere Personen in einer Region mit hoher Arbeitslosen-Quote.

Unter http://www.masuren-aktivurlaub.de/ finden sich alle Angebote des Unternehmens.

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Geregelte Zuwanderung

Die Notwendigkeit einer geregelten Zuwanderung angesichts der Bevölkerungsentwicklung in Österreich wird auch von Menschen gesehen, die einer multikulturellen Gesellschaft nicht per se positiv gegenüber stehen. Derselbe Tenor – wir brauchen Zuwanderung – ist auch in der Politik häufig zu hören.

Allerdings suggeriert das Wort geregelt, dass die derzeitige Form der Zuwanderung ungeregelt abläuft. Je nach persönlichem Angst-Potential liegen Assoziationen mit „Überfremdung“, „das Boot ist voll“, „vom Fremden überflutet werden“, „ungehinderter Ansturm auf Österreich“ etc in der Luft.

Tatsache ist, dass die Zuwanderung in Österreich über-geregelt ist.

Die Regelung ist so strikt, dass eine legale Zuwanderung nur auf zwei Weisen möglich ist. 

  • Erste Möglichkeit: Als Spitzen-Arbeitskraft von einem Unternehmen nach Österreich eingeladen werden. Sollte diese best ausgebildete Person mit einem Partner/einer Partnerin (die meist ebenfalls best ausgebildet ist) nach Österreich kommen wollen, so besteht das Problem, dass dieseR zwar in Österreich leben, aber keinesfalls arbeiten darf. Unternehmen klagen, dass dadurch viele benötigte Arbeitskräfte nicht zur Verfügung stehen.
  • Zweite Möglichkeit: Heirat. Auch in diesem Fall gibt es verschiedenste Auflagen, wie z. B. der Nachweis, dass die Beziehung schon seit längerer Zeit im Heimatland der PartnerIn besteht, oder der Erwerb von Sprachkenntnissen schon vor der Einreise nach Österreich. 

Durch die Gesetze und Verordnungen, die in den letzten Jahren einander folgten, die sich gegenseitig überlagern und in ihrer Strenge übertreffen, ist ein Verordnungsdickicht entstanden, in dem auch die mit der Durchführung beauftragten Beamten oder auf die Thematik spezialisierte Anwälte keinen Durchblick über die Möglichkeit des legalen Zuzugs im Einzelfall mehr haben. Das bedeutet, dass letztendlich willkürliche, im Ermessen des einzelnen Beamten liegende Entscheidungen über das Schicksal von Menschen getroffen werden. 

Es braucht Bürgerinnen und Bürger, die sich die Mühe der differenzierten Information machen, um vordergründig harmlos klingende Formulierungen als Desinformation zu erkennen und darauf zu reagieren.

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Der Begriff Lernen wie er häufig in Bildungseinrichtungen verstanden wird

Lernen findet hauptsächlich an Lernorten (Schulen) statt. Zum Lernen müssen die Lernenden motiviert werden. Diese Motivationsarbeit ist Aufgabe der Lehrenden. Unter Lehren und Lernen wird Stoff-Vermittlung (lehren) und das sich Einverleiben des Stoffes (lernen) verstanden. Der jeweilige Stoff ist das Wissen. Natürlich sind die Lehrenden angehalten, den Stoff interessant, mit Methodenvielfalt und unter Berücksichtigung einer zeitgemäßen Didaktik, vorzutragen. Viele Lehrende greifen dabei auf die sogenannten Lerntypen (visuell, auditiv, kinästhetisch, kognitiv) zurück. Daraus geht hervor, dass sie Lernen mit Memorieren verwechseln.

Lernen findet hauptsächlich mit dem Kopf statt. Fortschrittliche bzw. empathische Lehrende, die sich in die soviel still sitzenden Lernenden einfühlen können, machen manchmal eine Bewegungsübung oder ein Bewegungsspiel dazwischen. Oder Übungen aus der Edu-Kinästhetik. All das ist als Auflockerung der Unterrichtsstunde ohne Bezug zum eigentlichen Lernprozess gedacht.

Durch Prüfungen wird der Lernerfolg festgestellt. Ziel ist, dass möglichst alle Lernenden den Stoff möglichst genau wiedergeben (memorieren) können. Die Benotung muss objektiv, gerecht sein. Sollten Noteneinsprüche passieren, so muss die Lehrende ihre Benotungskriterien darlegen können. Normative Inhalte, die sich gut abfragen lassen, eignen sich gut für eine objektive Beurteilung.

Sowohl was Wissensvermittlung als auch den Erwerb von Fertigkeiten betrifft, gibt es eine genaue Definition von richtig und falsch. Richtig ist das, was beim Test/bei der Schularbeit als richtig gewertet wurde. Oder was so im Lehrbuch steht. Das Richtige kommt sozusagen von außen. Man verleibt es sich ein. Entsprechend kann man sich dann  auf das Richtige, das man einmal gelernt hat, berufen. Die Verantwortung kann gut delegiert werden. An die Schule. An die Lehrenden. An die Methoden.

Lernende finden sich mit all diesen Vorgaben an Lernorten meist schnell zurecht. Sie lernen sich so zu verhalten, dass sie in der Lernumgebung Schule gut und zeitökonomisch ihr Ausbildungsziel (Zertifikat, Zeugnis, Schein erwerben) erreichen.

Wie im Gegensatz dazu ein kybernetisches Lernverständnis aussieht, folgt in Kürze.

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Singen und interkulturelle Begegnung

Anfang Jänner war die Chorgemeinschaft Freistadt zu Gast in der Moschee. Es war ein sehr schöner und harmonischer Abend. Abgesehen davon, dass wir von der Chorgemeinschaft für die muslimischen Gemeindemitglieder Lieder aus unserem Repertoire sangen, fühlten wir uns selber reich beschenkt.

Zuerst nahm sich der Imam für uns Zeit und rezitierte für uns im Gebetsraum Verse aus dem Koran. Dann wurde uns vom Gemeindevorsteher Verschiedenstes erklärt und auftretende Fragen wurden besprochen.

Danach (nachdem wir gesungen hatten) freuten wir uns über die Bewirtung mit für uns besonderen Köstlichkeiten aus der türkischen Küche. Dann blieb genug Zeit für den persönlichen Austausch.

Zum Schluss konnten wir uns gegenseitig vom Herzen bestätigen, wie Gewinn bringend und entspannt diese Begegnung für uns war, und wie froh wir über den gemeinsamen Abend waren. So (scheinbar) einfach kann interkulturelle Begegnung sein.

Die Vorgeschichte:

Zwischen einzelnen Chorsängerinnen und manchen Muslimas gab es schon seit längerer Zeit persönlichen Kontakt.

Da 2008 das Jahr des Interkulturellen Dialogs begangen wurde, war es naheliegend, dass ein Chor, der sich auch als Kulturträger versteht, und in bescheidenem Ausmaß von der öffentlichen Hand unterstützt wird, einen Beitrag zur Begegnung mit Menschen aus der eigenen Stadt leistet, die als anders erlebt werden. Mit denen man nicht so leicht und selbstverständlich zusammen kommt.

Die Idee war, dorthin zu gehen, wo diese Menschen hauptsächlich zu treffen sind, nämlich in der Moschee (im muslimischem Gemeindehaus), um das zu tun, was ein Chor eben gut kann, nämlich singen.

Bis zur konkreten Ausführung der Idee verging ein halbes Jahr. Vorgespräche und Treffen der Verantwortlichen der beiden Seiten gingen hin und her. Jede Gruppe diskutierte mit den eigenen Mitgliedern (ich kann dabei nur für die Chorgemeinschaft sprechen) das Ob, Warum und Weshalb dieser Begegnung.

Letztendlich ging es um die Frage, wie viel Abgrenzung jede einzelne Person braucht, um sich jetzt oder später (einwenig) dem Fremden öffnen zu können.

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Stimmen der Vielfalt

Am 17.10. 2008 hat in unserer Stadt ein Fest unter dem Motto „Stimmen der Vielfalt“, veranstaltet vom Freien Radio Freistadt, stattgefunden. Anlässlich des Jahres des interkulturellen Dialogs wollten sie unter diesem Motto ihre Radio-Arbeit, bei der seit einiger Zeit auch MigrantInnen mitarbeiten, vorstellen. Das Freie Radio Freistadt sendet auf 107,1.

Für diese Veranstaltung war mit großem Aufwand geworben worden.

Interkultureller Dialog liegt mir am Herzen. Entsprechend waren meine Erwartungen an dieses Fest. Diese wurden leider zum größten Teil enttäuscht.

Nun der Reihe nach meine Kritikpunkte.

Mir erschien, dass der interkulturelle Gedanke bzw. das Motto des interkulturellen Dialogs benutzt wurde, um ein Fest für das freie Radio auszurichten. Denn eigentlich ging es um das freie Radio, eine zweifellos tolle und basisdemokratische Initiative.

Die eigenen interkulturellen Mitarbeiterinnen sind nicht bzw. kaum zu Wort gekommen. Deren Erfahrungen mit der Radio-Arbeit und der interkulturellen Arbeit hätten mich jedoch sehr interessiert.

Überflüssig bzw. unüberlegt und für sie und ihre Gruppen zum Schaden empfand ich den von den Veranstaltern bewerkstelligten Auftritt von zwei Vertretern der türkischen Vereine im Rahmen einer „Offiziellen-Runde“ zusammen mit Politikern. Die hatten nichts mit dem Freien Radio zutun. Sie waren überhaupt nicht redegewohnt und redegewandt. Entsprechend „schwach“ waren ihre Aussagen. Wären sie eingeladen gewesen, weil es zwischen dem FRO und den türkischen Vereinen schon einen Dialog gibt, so hätte das sicher gepasst. So aber nicht.

Es gab auf Grund des dichten und sicher kostspieligen Programms recht wenig Möglichkeit für das Gespräch zwischen den BesucherInnen. Mir schien, dass die Veranstalter unter Dialog eher das Halten von Statements von PolitikerInnen und sonstigen „Offiziellen“ verstehen als das Gespräch unter Menschen.

In Freistadt gibt es schon viele kleine und größere Initiativen für interkulturellen Dialog. Die Kleinarbeit, die echter Dialog verlangt, ist mühsam aber auch lohnend.

Geärgert hat mich, wie wenig Raum und Beachtung dem Buffet und den Personen (türkische Community, Initiative „Freistadt isst international“, Frauentreff), die für das internationale Buffet gesorgt hatten, geschenkt wurde.

Die Speisen konnten nicht entsprechend präsentiert werden, weil der Platz fehlte. Als das Buffet eröffnet wurde, war der Saal dunkel. Man konnte die Speisen gar nicht sehen. Notdürftig wurde mit einer Kerze für etwas Licht gesorgt. Gleichzeitig war eine Breakdance-Aufführung mit dröhnend lauter Musik.

Es war den Veranstaltern nicht die Mühe wert, das Buffet „feierlich“ zu eröffnen, und die Frauen, die die Speisen gebracht hatten, zu begrüßen, sie vorzustellen und ihnen Wertschätzung für ihre Kochkünste auszusprechen. Und vom Ablauf her für etwas Ruhe zu sorgen, sodass sich die BesucherInnen zumindest zu Beginn auf das Buffet und das Essen konzentrieren konnten.

Es erübrigt sich zu erwähnen, dass natürlich die Frauen bis nach Mitternacht mit Abwaschen und Saubermachen beschäftigt waren. Ich habe keine Verantwortlichen vom freien Radio einmal in der Küche gesehen.

So ein Fest braucht, wenn es wirklich Menschen zusammen bringen will, entsprechende Behutsamkeit, die mir gefehlt hat.

Ich habe meine Kritik nun ziemlich harsch angebracht. Vielleicht haben andere dieses Festes anders erlebt. Über diesbezügliche Kommentare freue ich mich.

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Selbst gesteuertes Lernen

Andocken im Zusammenhang mit Lernen bedeutet, auf etwas zu stoßen, das Interesse weckt

Im Unterricht versuchen Lehrende, den Studierenden ein (hoffentlich spannendes) Lernangebot in Form eines neuen Themas, einer Erfahrung … anzubieten. Springt der Funke über, das heißt, können die Studierenden mit dem Angebot was anfangen, es mit eigenen Erfahrungen verbinden, dann ist das „Andocken“ geschafft.

Damit der Funke überspringen kann, braucht es das Interesse, die Offenheit und Wachheit der studierenden (am Unterrichtsprozess teilnehmenden) Person. In diesem Bereich liegt bei ihr ein gutes Stück Selbstverantwortung und die Möglichkeit der Selbststeuerung.

In der Folge wird „Stoff vermittelt“. Das kann auf unterschiedlichste Weise, mit verschiedensten Methoden, passieren.

Herkömmlicherweise wird dann der Stoff daheim „gelernt“. Er wird so oft wiederholt, bis er „verstanden“ wird. Dieses Verstehen bedeutet aber oft nur, dass er bestenfalls mit eigenen Worten memoriert, das heißt wiedergegeben werden kann.

Ein kopierendes Wiedergeben ist aber nicht gleichbedeutend mit einem eigenen Denk- und Auseinandersetzungsprozess, der eine eigene Bedeutungsgebung, einen erweiterten Handlungsspielraum und im besten Fall eine eigene „Theoriebildung“ zur Folge hat.

Passiert das Letztgenannte, so ist die „Anschluss-Operation“ gelungen.

Für dieses Gelingen können Lehrende Anstöße in Form von Ermutigung, von verschiedensten konkreten Aufträgen (Hausübungen) und von Rückmeldungen geben. Auch die Wahl der Unterrichtsmethoden fördert oder hemmt mögliche Anschluss-Operationen.

Die Hauptarbeit liegt aber in den Möglichkeiten, im Ermessen und damit in der Verantwortung der Studierenden.

Anschluss-Operation bedeutet, dass sich das neu angebotene Wissen durch eigene individuelle Arbeit mit schon vorhandenen Strukturen (Erfahrungen, eigenem Wissen etc) nicht nur verknüpft hat und Querverbindungen geschaffen wurden, sondern dass etwas Neues (siehe oben) entstanden ist.

Dieses Neue soll im Unterrichtsprozess Platz haben. Es soll von den Lehrenden (LernbegleiterInnen) wahrgenommen, wertgeschätzt und gemeinsam reflektiert werden.

Durch den Austausch der verschiedenen Anschluss-Operationen gibt es einen Mehrwert an Wissen und Verständnis, der nicht nur den Studierenden, sondern selbstverständlich auch den Lehrenden offen steht.

Lehrende können aber niemals wirkliches Lernen erzwingen oder bestimmen, da jeder Mensch einzigartig (was Vorwissen, Denkfunktionen etc. betrifft) ist. Sie können jedoch Unterstützung geben und fördernde Lernumgebungen schaffen.

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Sensomotorisches Lernen

Speziell bei Kindern ist eine wunderbare Lernmethode zu betrachten, die eine Grundlage für jedes weitere Lernen und Entwickeln gibt.

Kinder sind Meister darin, sich in ihrem Tun auf sich selbst, auf die eigenen sensomotorischen Erfahrungen zu konzentrieren.

Wenn sie z.B. mit ihren eigenen Gliedmaßen spielen, wenn sie auf dem Boden sitzen oder liegen und kleine Ortsveränderungen vornehmen, wenn sie versuchen irgendwo raufzuklettern, aber auch wenn sie an etwas knabbern, wenn sie einen neuen Geschmack kennen lernen, die Konsistenz einer Frucht durch Kauen erforschen … immer sind sie in solchen Situationen konzentriert am Lernen.

Bemerkenswert ist dabei die Konzentration und Selbstvergessenheit, mit der Kinder bei der Sache sein können. Auf diese Weise gelingt es ihnen, Erfahrungen zu machen, diese in ihre kindliche Erfahrungswelt einzuordnen, sich sozusagen ein Bild ihrer Welt zu schaffen und dieses Bild immer weiter auszubauen. (Bildung, sich bilden hat damit zutun).

Älteren Kindern geht diese Fähigkeit zur Konzentration auf die eigenen inneren sensomotorischen Erfahrungen bei jedwedem Tun leider in zunehmendem Maß verloren, bis dann bei Jugendlichen und Erwachsenen oft die Vorstellung entstanden ist, dass Lernen von außen kommen muss, und dass es hauptsächlich an definierten Lernorten (Schulen) geschieht.

Selbstverständlich können Menschen (egal welchen Alters) nicht nur allein lernen. Es braucht die Interaktion mit anderen Menschen, um im eigenen Lernen, in der eigenen Entwicklung weiter zu kommen.

Wieder wird das bei Kindern ganz besonders gut deutlich, wenn sie z. B. mit der Mutter, dem Vater, oder Geschwistern spielen, deren Gesichtsausdruck und Geräusche nachahmen, sich gemeinsam mit ihnen bewegen …

Dieses interaktive spielen/lernen/bewegen/austauschen ist kein gesteuertes Lernen oder Antrainieren von irgendwelchen bestimmten Fähigkeiten, sondern ein für beide gewinnbringender Dialog.

Im besten Fall ist es die Gestaltung einer interessanten, herausfordernden Lernumgebung, in der die LernpartnerInnen (Eltern, Familienhelferinnen …) dem Kind Rückmeldung geben und es so in seinem eigenen selbst bestimmten und selbst gesteuerten Lernen unterstützen.

Wahrnehmen und die eigenen Wahrnehmungen reflektieren und kognitiv verarbeiten ermöglicht, Unterscheidungen treffen zu können. Unterscheiden können ist wiederum Voraussetzung dafür, selbstverantwortlich entscheiden zu können.

Diese Fähigkeit zum Unterscheiden und Entscheiden und letztendlich Verantwortung für sich, das eigene Tun zu übernehmen verlangt konzentrierte Arbeit an sich selbst. Lehrende können dafür Unterstützung geben, diese Arbeit den einzelnen aber nicht abnehmen.

Sich der eigenen sensomotorischen Erfahrungen im Alltag und besonders auch in der Pflegearbeit bewusst zu sein oder zu lernen, sich ihrer zunehmend bewusst zu werden, ist eine gewinnbringende Lernmethode für alle, die in einem Pflege- oder Betreuungsberuf arbeiten.

Diese Fähigkeit ermöglicht es, kompetente Interaktions- und dadurch Lernpartnerin für Menschen zu sein, die Hilfe und Unterstützung bei der Bewältigung ihrer alltäglichen Aktivitäten brauchen. Weil es dabei auch immer um das Wahrnehmen und Ernstnehmen der eigenen Erfahrungen geht, ist diese Fähigkeit auch eine Grundlage für selbst verantwortliches Handeln.

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