Rapport St. Pierre

Ein Auszug aus dem Bericht an die Caritas Kinshasa

Vom 15. 11. – 23. 11 arbeitete ich intensiv im Hospice St. Pierre mit und konnte dadurch einen Einblick in die Lebenssituation der Bewohnerinnen und Bewohner und ebenso in den Arbeitsalltag der Angestellten und Volontäre sowie der Leiterin bekommen.

Ich konnte viele Ähnlichkeiten bezüglich der Situation der alten Menschen in St. Pierre mit der Situation alter Menschen in einer Einrichtung in Österreich und vermutlich überall auf der Welt feststellen. Selbstverständlich sah ich auch Unterschiede. Von Anfang an war mir wichtig, die Pflege- und Betreuungssituation in St. Pierre keineswegs mit  „europäischen“ Augen zu betrachten und einzuschätzen.

ACTIVITÉS ET EXPÉRIENCES EXISTENTIELLES DE VIE

Je voudrai prendre le modèle a pensée des AEEV comme orientation pour le rapport de ma connaissance de l´hospice St. Pierre.

Un evironnement sûr et encouragement

Augenfällig ist der Innenhof mit dem gepflegten Rasen, den schönen Sträuchern und Blumen. Er beeindruckt nicht nur Besucher, sondern ist eine Freude für die hier lebenden Menschen. Die Pflege der Anlage wird ausschließlich von Hand gemacht, z.B. das Schneiden des Grases mit der Machette. Dies erfordert viel Zeit! Durch einen Rasenmäher bliebe mehr Zeit für die Betreuung der alten Menschen.

Durch das  warme Klima ist es den Alten möglich, die meiste Zeit des Tages vor dem Zimmer im Freien zu verbringen. Sie sind an der frischen Luft und können leicht in Kontakt zum Personal oder zu anderen BewohnerInnen treten. Die ständige Belüftung der Zimmer verhindert, dass sich schlechter Geruch (Urin im Fall von Inkontinenz) festsetzt. …..

Se mouvoir

Durch die Ebenerdigkeit gibt es für die alten Menschen kaum Hindernisse beim Gehen zu überwinden. Ich stellte fest, dass mit wenigen Ausnahmen die alten Menschen selbständig oder mit ein wenig Hilfe mobil sind. Deren Mobilität wird nach meiner Einschätzung paradoxerweise gefördert durch den Mangel an manchen Hilfsmitteln, wie sie in österreichischen Heimen selbstverständlich sind. Deren Vorhandensein „verführt“ das Personal und auch die alten Menschen dazu, sich weniger um die eigene Beweglichkeit, als um das Benutzen von Hilfsmitteln zu bemühen. Das kann langfristig zu Abhängigkeit und zum Verlust an Selbständigkeit führen. Dies beobachte ich in österreichischen Einrichtungen leider allzu häufig.

S´occuper

Manche der Alten finden Beschäftigung, indem sie fernsehen, Tabak schnupfen oder die Bibel lesen. Viele verbringen den Tag passiv. Sie bekommen nur durch den Kontakt zum Personal oder zu Besuchern Anregungen

Ein Höhepunkt ist der Besuch der Messe am Samstag. Alle BewohnerInnen nehmen daran teil.

Ich konnte im Gespräch mit einem alten Mann herausfinden, dass er früher Rennläufer war. Auf meine Einladung liefen wir öfter einige Runden im Hof. Auch eine Stagière lief mit ihm auf meine Aufforderung hin.

Einem desorientierten alten Mann, der immer nur apathisch im Eck sitzt, gab ich ein bebildertes Heft in die Hand. Zur Überraschung aller begann er, darin zu blättern. …

Activités et experiences existentielles de vie

Manche der Pensionäre leiden an Krankheiten, welche medizinisch nicht behandelbar sind, oder mussten Schicksalsschläge hinnehmen.

Ein sehr liebenswürdiger Pensionär ist von „Elefantiasis“ an den Beinen betroffen. Durch Lymphstau sind seine Beine dick wie Säulen und die Füße zum Platzen geschwollen. Deshalb kann er nur mit äußerster Mühe ein paar Schritte machen. Anschließend an die Fuß- und Nagelpflege bewegte ich ihm sorgfältig alle Fußknöchelchen durch. Danach schaffte er es, ein gutes Stück mit Hilfe zu gehen und war entsprechend glücklich darüber.

Der Mann, der Rennläufer war, kann allein nicht laufen, da er blind ist. Durch das Laufen mit ihm gelang vielleicht für kurze Zeit ein Anknüpfen an eine Zeit in seinem Leben, in der er erfolgreich war.

Menschen in ihren existentiellen Lebenserfahrungen zu treffen ist eine besonders anspruchsvolle Aufgabe in der Betreuung von Menschen. Sie kann in besonderen Momenten gelingen. Dies wahrzunehmen bedarf der eigenen Bereitschaft und einer sorgfältigen Schulung.

Communiquer

……  Als Schwierigkeit wird angegeben, dass einige wenige Pensionäre weder französisch noch lingala sprechen. In diesem Fall ist die Kommunikation mit der betreffenden Person erschwert aber natürlich nicht unmöglich. Schwer haben es die blinden Pensionäre, die auf visuelle Orientierung und auf Kommunikation durch Körpersprache verzichten müssen. Ihnen entsprechende Unterstützung zu geben, um partizipieren zu können, bedarf der Schulung.

Für mich selbst kann ich sagen, dass ich trotz meiner Sprachschwierigkeiten mit allen Personen, auch mit den Pensionären, kommunizieren konnte. Manchmal holte ich Unterstützung fürs Übersetzen, wenn jemand nur lingala sprach. Mit der Zeit merkte ich, dass mehr Pensionäre etwas französisch können als angenommen. Sie honorieren wohl mein Bemühen und bemühen sich ihrerseits, ihr französisch hervorzuholen.

Mein mangelhaftes Französisch hatte in der Kommunikation mit den Arbeitenden auch etwas Gutes. Ich verstand vieles nicht und musste immer wieder nachfragen. Um sicher zu gehen, ob ich etwas richtig verstanden hatte, wiederholte ich das Gehörte mit meinen eigenen Worten. Dies war zwar aufwändig, aber manchmal wurden dadurch nebulöse Aussagen etwas konkreter und ich konnte tatsächlich besser verstehen.  …. Und so weiter ….

Dieser Beitrag wurde unter Bildung & Pflege, Interkulturelles, Kinaesthetics, Kinshasa, Lebensqualität veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert