Ein junger türkischer Mann muslimischen Glaubens wurde verletzt nach einem Arbeitsunfall in einem Unfallkrankenhaus als Patient aufgenommen. Auf der Station musste er von der Transportliege in ein Bett transferiert werden. Das gestaltete sich sehr schwierig, da der Mann ununterbrochen stöhnte. Man wusste nicht, wo man ihn angreifen konnte, ohne ihm weh zu tun. Eine größere Verwandtschaft, die auf türkisch mit dem Mann redete, erschwerte eine Ziel führende Kommunikation und konzentriertes Arbeiten.
Die Lösung dieser schwierigen Situation war nicht nur, kompetent beim Transfer zu unterstützen (AEDL Sich Bewegen). Die Pflegenden bemühten sich, mit ihm in Dialog zu treten (AEDL Kommunizieren). Sie waren bestrebt, seine Schmerzäußerungen zu verstehen und zu beachten (AEDL Existenzielle Erfahrungen des Lebens). Die Stationsschwester übernahm die Angehörigenarbeit (AEDL Soziale Bereiche des Lebens sichern und gestalten).
Als dann der Mann recht zufrieden im Bett lag, kamen die Angehörigen wieder und boten ihm allerlei Leckerbissen in der liegenden Position (AEDL Essen und Trinken, AEDL Vitale Funktionen aufrecht erhalten) an. Wieder war kompetente Angehörigenarbeit nötig.
Mit der Abendtoilette (AEDL Sich Pflegen) wurde auf den Dienstbeginn einer männlichen Pflegeperson gewartet. Der Patient hatte den Wunsch nach gleichgeschlechtlicher Pflege geäußert. Dieser wurde selbstverständlich, wie es im Übrigen auch sonst gehalten wird, berücksichtigt. Die Pflegenden wissen, dass Muslime sich mit fließendem Wasser waschen wollen. Um das bei Bettlägerigkeit bewerkstelligen zu können, ist neben dem Lavoir ein Krug mit warmem Wasser nötig. Auf diese Weise kann der Waschlappen, der während des Waschvorgangs mehrmals gewechselt werden muss, immer wieder mit frischem Wasser begossen werden. Wie viele Waschlappen verwendet werden sollen, hängt davon ab, ob es sich um eine Teil- oder Ganzkörperwäsche handelt.
Auch die Bettschüssel wurde ihm von einem Pfleger gereicht (AEDL Ausscheiden). Die besondere Sorgfalt, mit der dies auf Grund der Verletzung geschehen musste, war die gleiche, die auch bei PatientInnen ohne Migrationshintergrund gewaltet hätte. Allerdings ist es wichtig zu wissen, dass Muslime sich ihren Unterleib nach der Ausscheidung mit fließendem warmem Wasser waschen wollen. Eine Gießkanne kann im Fall der Bettlägerigkeit gute Dienste leisten. Sollte die Toilette nicht mit einem Bidet ausgestattet sein, kann auch dort die Gießkanne von Nutzen sein.
AEDL Essen und Trinken: Es genügt nicht zu wissen, dass Muslime kein Schweinefleisch essen wollen. Ein/e streng gläubige/r Muslim/a will nur Nahrung zu sich nehmen, die helal (bezeichnet alle Dinge und Taten, die im Islam erlaubt und zulässig sind) ist. Wie streng eine muslimische Person sich nach helal richtet, ist individuell unterschiedlich. Im einen Fall sind Personen zufrieden mit nicht- Schweinefleisch. Strengere wählen vegetarische Kost, und noch Strengere werden sich Essen von zuhause bringen lassen. Jeder Variante sollte mit Wertschätzung begegnet werden.
Kultursensibel Pflegende können die manchmal speziellen oder ihnen unverständlich erscheinenden Wünsche und Bedürfnisse von pflegebedürftigen Menschen als mögliche und gleichwertige Varianten betrachten. So wird viel Konfliktpotential vermieden und der Gesundheitsprozess gefördert.